Wo und wie kommt mein Kind im Internet mit Pornografie in Berührung?

Das Internet ist eine "Eintrittstür" zur Pornografie. Und der Zugang ist tatsächlich kinderleicht. Hat das Kind erst einmal den Namen einer pornografischen Internetseite gehört, kann es diese im Browser eingeben. Oft steht dann nur noch solch eine Warnung vor dem eigentlichen Inhalt: "Achtung. Diese Seite ist nur für Erwachsene." Eine gut funktionierende Altersabfrage findet in den meisten Fällen nicht statt.

Kinder treffen im Netz immer eher und häufiger auf Pornografie. Dies kann im Übrigen auch unabsichtlich und zufällig passieren. Ein unauffälliger Link in einem Forum, einem Chat (zum Beispiel Spiele-Chat), einer E-Mail oder einer WhatsApp-Nachricht können direkt zu solchen Angeboten führen.

In der Schule, über Freunde und in Netzwerken machen sexuell freizügige Inhalte die Runde. Denn der Reiz des Themas und des Verbotenen ist gerade unter Jungen recht groß. Und manchmal gilt es auch als Mutprobe, sich pornografische Videos anzuschauen.


Haben Sie schon einmal mit Ihrem Kind über den Zugang zu pornografischen Inhalten gesprochen?


Warum gibt es für pornografische Seiten eigentlich keine Sperrung für Kinder?

In Deutschland gilt: Pornografische Angebote dürfen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht zugänglich gemacht werden. Gute Altersüberprüfungen sollen das sicherstellen. Leider sind nicht alle Methoden wirklich sicher, aber für jüngere Kinder zumeist ausreichend.

Ein größeres Problem des Jugendschutzes ist, dass das Internet ein weltweites Medium ist. Sitzt ein Erotikanbieter im Ausland, sind die deutschen (Jugendschutz-)Bestimmungen ausgehebelt. So kommt es, dass Anbieter dieser Portale die Altersabfrage auf ein Minimum reduzieren: Es genügt eine einfache Bestätigung, dass man über 18 Jahre ist.

... und das Smartphone oder das Tablet selbst gegen solche Inhalte sperren?

Es gibt so genannte Browser-Apps, die statt des Standardbrowsers (zum Beispiel Safari oder Chrome) installiert werden. Damit lassen sich Online-Inhalte filtern: Seiten mit pornografischen und gewalthaltigen Inhalten werden dann (zumeist) nicht angezeigt. Eine 100-prozentige Sicherheit bieten solche Programme nicht – und sie sollten auch niemals die elterliche Begleitung des Kindes bei der Mediennutzung ersetzen.


Ist das Anschauen pornografischer Bilder und Filme schädlich oder gefährlich für Kinder?

Keine Frage: Eigentlich sollten Kinder bis zu ihrer Volljährigkeit nicht solche Darstellungen zu Gesicht bekommen. Die Realität sieht anders aus. Den ersten Kontakt mit Pornografie haben Kinder mit ca. 12 oder 13 Jahren. Das aber ist ein Durchschnittswert. Es gibt auch einige jüngere Kinder.

Mögliche Auswirkungen

Dieser erste Kontakt kann bei Kindern starke Emotionen auslösen: Ekel und Abneigung, Aufregung und Erregung, aber auch (und gerade bei jüngeren Kindern) Verstörung, Ängstigung und Verunsicherung.

Die Kinder kommen in die Pubertät, befinden sich dann in einer sensiblen Phase: Sie müssen sich selbst finden, ihre körperliche und geistige Entwicklung schreitet voran, die Hormone spielen verrückt.

Pornos, die ein stark vereinfachtes, übertriebenes und unrealistisches Bild von Sexualität zeigen, können Kindern in dieser sensiblen Phase massiv zusetzen. Die Darstellungen überfordern und schockieren – und darüber zu sprechen fällt Kindern und Jugendlichen schwer. Eltern sollten diese Thematik daher behutsam und besonnen angehen. 


Mein Kind hat pornografische Darstellungen gesehen – was tun?

Tief durchatmen und die Situation sachlich betrachten:

  • Ist Ihr Kind ungewollt und zufällig darauf gestoßen? Oder wurde aus Neugierde gezielt danach gesucht?
  • Hat Ihr Kind Ihnen freiwillig und von selbst aus von seinen Erfahrungen erzählt? Oder haben Sie zufällig oder über kontrollierendes Verhalten davon Kenntnis erlangt?
  • Wie alt ist Ihr Kind?

Emotionale Aspekte

Bei jüngeren Kindern geht es eher darum, den Schock zu verarbeiten.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen sind Eltern gefordert, das falsche, unrealistische Bild, das Pornografie von Sexualität und Rollenbildern zeichnet, richtig zu stellen bzw. als schauspielerische Inszenierung zu enttarnen.

Vertrauen, Aufklärung und Gefühle

Vertrauen und Offenheit, die Ihnen entgegengebracht wird, sollten Sie anerkennen. Bestätigen Sie Ihr Kind darin, dass es gut und richtig ist, mit Ihnen über das Gesehene zu sprechen. Das Problem ist knifflig und erfordert Einfühlungsvermögen, Gelassenheit, Ruhe, Geduld und Ehrlichkeit.

Sexualkunde in der Schule und die Fülle an Informationen in Medien und Internet ersetzen keine individuelle und vertrauensvolle Sexualerziehung, die im Elternhaus stattfindet.

Ihr Kind wächst in einer digitalen Medienwelt auf, in der vieles anders ist als in der eigenen Kindheit. Daran lässt sich wenig ändern. Es nützt Ihrem Kind nichts, wenn Sie die Onlinewelten verdammen. Zielführender ist es, Verständnis aufzubringen, zu erklären und im Gespräch zu bleiben.

Ihr Kind braucht Orientierung und Unterstützung, gerade in der Zeit der Pubertät. Und nicht immer schaffen es Eltern, die richtigen Worte zu finden. Und nicht jeder Sohn, jede Tochter schafft es, den Eltern die wahren Gefühle zu zeigen. Vielleicht hilft es dann auf gute Aufklärungsangebote zu verweisen. Das können klassisch Bücher oder aber Online-Angebote sein, die altersgemäß erklären und auf typische Fragen und Sorgen eingehen.

Wichtig sind eine positive Einstellung zum eigenen Körper (Akzeptanz) und ein liebevoller und respektvoller Umgang miteinander, Geborgenheit und emotionale Stabilität. Kinder, die dies in der Familie erfahren, können auch verunsichernde Medienerfahrungen besser einordnen.

Linktipps zur Aufklärung für Teenager und Jugendliche:


Das Versenden pornografischer Darstellungen und Links – ist das nicht strafbar?

Pornografie ist erst ab 18 Jahren erlaubt.

Wer pornografisches Material Personen unter 16 Jahren zeigt, macht sich strafbar. Das heißt auch: Schickt ein 14-Jähriger einen Porno-Clip über das Handy an einen Freund, macht er sich strafbar. Noch schlimmer ist das Ganze, wenn es sich um Kinder- oder Jugendpornografie handelt.

Kinder unter 14 Jahren sind nicht strafmündig – aber die Konsequenzen können trotzdem gravierend sein: Hausdurchsuchung durch die Polizei, Beschlagnahme von Handy, Tablet, Laptop, Spielkonsolen usw. Sprechen Sie mit ihrem Nachwuchs darüber, wenn Sie pornografische Videos auf seinem Smartphone entdecken.

Weitere Informationen dazu:


Zahlen und Fakten

Eine Untersuchung der Medienanstalt NRW aus dem Jahr 2023 beleuchtet den Einfluss von Pornografie-Konsum auf das Sexting-Verhalten, basiert auf Antworten von über 3.000 Jugendlichen in Deutschland. Die Studie zeigt, dass

  • 35% der 11- bis 17-Jährigen schon Pornos gesehen haben und
  • 21% bereits Sexting praktizierten. 
  • Die erste Pornosichtung erfolgt meist zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr, unabhängig vom Geschlecht.
  • Etwa 25% derjenigen, die schon Pornos gesehen haben, wurden unfreiwillig damit konfrontiert.
  • Lediglich 33% der Befragten, die Pornos gesehen haben, halten sie für unrealistisch.
  • Besonders alarmierend: 65% der befragten Jungen im Alter von 11 bis 13 Jahren geben an, unaufgefordert Sexting-Nachrichten verschickt zu haben.

Die Studie verdeutlicht, dass selbst grundlegende Regeln wie Einvernehmlichkeit oft nicht beachtet werden, was rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.


Wissenswertes in Stichpunkten

  • Jugendschutzprogramme und Filter schützen – aber nicht zu 100 Prozent. Sie ersetzen nicht Aufklärung und Absprachen.
  • Überlegen Sie, ab wann sie mit Ihrem Kind über das Thema ausführlicher sprechen sollten. 
  • Grundsätzlich sollten Kinder wissen, dass sie auf ungeeignete Inhalte im Internet stoßen und sich jederzeit vertrauensvoll an Sie wenden können.
  • Normal ist: Unter Freunden und Gleichaltrigen kommt das Thema "Sex/Pornografie im Internet!"  irgendwann auf.
  • Kinder und Jugendliche vor diesen Themen und auch vor freizügigen und erotischen Inhalten gänzlich abzuschirmen, ist nahezu unmöglich.
  • Ist das Kind (absichtlich oder nicht) im Internet oder über einen Messenger auf Pornografisches gestoßen, braucht es Ihre kritische Einschätzung, um diese Darstellungen für sich als nicht-real einordnen zu können.
  • Beziehen Sie eine klare Position: Pornos sind nichts für Kinder. Erklären Sie, dass Sie nicht möchten, dass Ihr Kind sich damit befasst.
  • Seien Sie gleichzeitig bei verstörenden Bildern oder Medienerfahrungen immer Ansprechperson und haben ein offenes Ohr.