Ein Interview mit Kristin Narr und Juliane Jammer

Wenn Kinder am Computer oder an der Konsole spielen, mit dem Smartphone Nachrichten hin- und hersenden, wird das zumeist als wenig kreativ angesehen. Anders sieht das aus, wenn sie mit Bausteinen hantieren, aus Stock und Band einen Flitzebogen bauen oder einfach etwas Schönes malen. 

Digitale Medien und Kreativität müssen sich auch bei der Arbeit mit Kindern nicht ausschließen. Ein schönes Beispiel dafür ist das so genannte "Making", das sich auch gut in Kindertagesstätten und den Unterricht an Grundschulen einflechten und umsetzen lässt. 

Das Internet-ABC hat Kristin Narr und Juliane Jammer, die kürzlich ein schönes Buch zu diesem Thema herausgegeben haben (siehe unten), befragt, um Ihnen einen ersten Einblick zum Thema "Making" zu geben.


Internet-ABC: Was bedeutet eigentlich Making? An wen richtet sich das Making? 

Kristin Narr: Beim Making geht es darum, etwas zu "machen" (engl. to make), also selbst etwas herzustellen und zu entwickeln. Oft wird aus etwas Altem etwas Neues gemacht. Üblicherweise kommt dabei auch einfache Elektronik und digitale Technologien zum Einsatz.

Das können kleine Projekte sein, wie einfache Stromkreise beim Bauen einer Taschenlampe mit einer LED,  bis hin zu großen Vorhaben mit recht teuren Maschinen (3D-Drucker, Lasercutter etc.). Beim Making gibt es kein bestimmtes Alter und keine konkrete Zielgruppe. Making richtet sich an alle, die Freude am Selbstmachen und Ausprobieren haben. Auch schon kleine Kinder können zu Makerinnen und Makern werden. 

Was können Kinder durch Making-Projekte oder -Aktivitäten lernen? 

Juliane Jammer: Making ist vielseitig – auch in dem, was die Wirkung von Making angeht und was Kinder dabei lernen können.

Making fördert einerseits nachhaltiges Denken und Umweltbewusstsein: Wer eine Taschenlampe bauen kann, versteht nicht nur, wie sie funktioniert: Es muss auch keine Lampe gekauft werden! Eine Vielzahl an Making-Aktivitäten geschieht zudem durch das Verwenden von recycelten Materialien.

Making fördert andererseits das selbständige Denken und die Selbstwirksamkeit. Kinder lernen: "Ich kann was!" oder anders: "Ich mache, also bin ich!" Dabei ist das Fehlermachen idealerweise Teil des Lösungswegs und hat die Stärkung kreativer Problemlösekompetenz zur Folge. Making befeuert Erfindergeist und Entrepeneurship.

Last but not least stiftet und stärkt es Gemeinsinn und Zusammenarbeit mit Anderen.

Wenn ich mit dem Internet-ABC in einer Grundschule auftauche, höre ich oft die Frage: Wann sollen wir das noch machen? Diese Frage möchte ich an Sie weiterleiten: Wie können Lehrkräfte Making-Projekte in den Unterricht einbauen?

Kristin Narr: Das Einbauen ist auf ganz vielfältige Art möglich und hängt von den zeitlichen, personellen und mitunter auch den finanziellen Ressourcen ab: 

  • kleine Einheiten wie das spielerische Heranführen an Strom mit Hilfe einer LED und Knopfzelle;
  • konkrete Projekte wie die klingenden Trauminstrumente, die in verschiedenen Fächern und auch im Hort aufgegriffen bzw. (weiter-)entwickelt werden können; 
  • ganze Projekttage oder mehrteilige Unterrichtseinheiten, die beispielsweise ein Thema wie Stromkreise (und vieles mehr) im Bauen eines eigenen Roboters behandeln.

Wie viel Vorbereitungszeit benötigt eine Lehrerin / ein Lehrer zum Beispiel für die von Ihnen genannte Taschenlampe?

Juliane Jammer: Die Vorbereitung beschränkt sich auf das Besorgen der einzelnen Komponenten. LEDs bekommt man im Internet oder direkt im Elektronikfachhandel. In unserem "Maker-Buch für Kita und Grundschule" sind alle Materialien aufgezeigt. Der Bau einer Taschenlampe dauert schließlich ca. 20 Minuten. 

Sinnvoll, aber nicht zwingend notwendig wäre es, wenn die Lehrerin bzw. der Lehrer die Taschenlampe bereits einmal selbst gebaut hat. Das gibt Sicherheit und die Möglichkeit, sich dann im Projekt auf die Begleitung zu konzentrieren. 

Zudem ist es sinnvoll, sich über den Aufbau eines einfachen Stromkreislaufs zu informieren (die Batterie gibt bei richtiger Polung Strom an die LED, so dass diese leuchtet). ebenfalls im oben benannten Buch.

Wenn Kinder am Notebook oder Tablet sitzen, sehen das Eltern oft nicht so gern: Zu wenig Bewegung, zu viel Berieselung. Gibt es auch kreative Making-Projekte, die Computer und Internet miteinbeziehen?

Kristin Narr: Ja, auf jeden Fall! Es gibt zum Beispiel den "Makey Makey". Das ist eine kleine Leiterplatine, an die alle möglichen stromleitenden Alltagsgegenstände angeschlossen und mit Musik-oder Spielsoftware am Laptop verbunden werden können. So ersetzen die leitenden Gegenstände die Tasten des Computers. 

Das Tüfteln mit dem Makey Makey eignet sich sehr gut, um Sport und Bewegung mit neuen Technologien und der Freude am Internet und Computer zu verbinden.

Juliane Jammer: Man kann mit dem Makey Makey zum Beispiel eine Tanzmatte bauen. Dazu müssen auf den Boden vier DIN A4 große Aluminiumfelder angeordnet werden und zwar wie ein Steuerkreuz mit den vier Pfeiltasten des Computers. An jeweils eines der Alufelder wird jeweils eine Krokodilsklemme des Makey Makeys geklemmt.  Die Spielesoftware "Flash Flash Revolution" wird geöffnet und immer dann, wenn in der Software ein Pfeil auf einen anderen Pfeil trifft, muss auf das jeweilige Aluminumfeld gesprungen werden. 

Mit Hilfe von Makey Makey und der Tanzmatte lernen die Kinder nicht nur ein umfangreiches Projekt zu planen und im Team zu arbeiten, sondern auch Sport und Technologie auf spielerische Art zu vereinen und ihre physikalischen Kenntnisse aufzufrischen bzw. zu erlernen. Und das Schönste: Es macht richtig viel Spaß!


Das Maker-Buch

Juliane Jammer und Kristin Narr: Das Maker-Buch für Kita und Grundschule: Kinderleichte Fotoanleitungen zum kreativen Basteln, Tüfteln und Selbermachen. Berlin 2018, 19,80 EUR.

Das Buch bietet etliche Anregungen und Anleitungen zum kreativen Basteln und Bauen mit Kindern. Es geht um Stromkreise, Malrobotoren, 3D-Drucken und Foto-Collagen. Jedes Projekt beginnt mit einer kurzen Einleitung, den Lernzielen und einer Auflistung der benötigten Materialien und Gegenstände. Anschließend geht es Schritt für Schritt – leicht verständlich und übersichtlich erklärt – durch den Versuch.