Expertise über die Rolle von Facebook bei der politischen Meinungsbildung

Immer mehr Menschen informieren sich bei Facebook über aktuelle Themen. Vor allem Jüngere wissen zu schätzen, dass sie dort schnell auf Informationen stoßen und verschiedene Quellen zur Auswahl haben. Aber kann man sich in einem sozialen Netzwerk wirklich informieren und eine Meinung bilden? Kommt man – durch den Algorithmus gesteuert – nicht allzu schnell in eine Filterblase, in der nur noch bestimmte Themen wahrgenommen werden, die einen sowieso schon interessieren? Landet man in Echokammern, in denen – ohne weitere Einwände und Gegenargumente – mit Gleichgesinnten die bereits bestehende Meinung verfestigt wird?

Wissenschaftler der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz geben jetzt Entwarnung. In ihrer empirischen Studie "Ganz meine Meinung? Informationsintermediäre und Meinungsbildung" können sie nachweisen, dass die Bedeutung von Facebook überschätzt wird. Facebook-User informieren sich genauso wie Nicht-User aus unterschiedlichen Quellen. Dazu gehören die klassischen Medien (Zeitung, Fernsehen, Radio) ebenso wie Gespräche mit anderen. Die Vielfalt der politischen Themen wird nicht eingeschränkt, ein befürchtetes "Agenda Setting" konnte nicht nachgewiesen werden. Sollte sich das Verhältnis von persönlich gefärbten Informationsangeboten und klassischen Angeboten in Zukunft verschieben, könnte das Ergebnis allerdings anders ausfallen. Und schon jetzt kann Facebook die Wichtigkeit von Themen verändern, wenn bestimmte Ereignisse häufiger geteilt und kommentiert werden.

Wichtig war zudem die Frage, inwieweit Facebook eine "Spirale des Schweigens" verstärkt. Darunter versteht man in der klassischen Meinungsforschung die fehlende Bereitschaft, die eigene Meinung zu vertreten, sobald man merkt, dass sie der allgemein akzeptierten Meinung widerspricht. Anders ausgedrückt: Man äußert sich lieber, wenn man sich verstanden weiß. Auch auf die Frage, wie das Meinungsklima wahrgenommen wird, hat Facebook großen Einfluss. Denn in der Regel äußern sich User, die mit einem Thema einverstanden sind oder total gegensätzlicher Meinung sind. Die Diskussion wird daher häufig zu einem emotional und moralisch aufgeladenen Schlagabtausch. Diese Polarisierung, das niedrige Niveau der Beiträge und viele ausfallende Bemerkungen verhindern, dass rationale und ausgleichende Positionen bezogen werden.

Unabhängig von der Studie hat Facebook schon selbst Ende August im Vorfeld der Bundestagswahl zehntausende Konten gelöscht, über die falsche Informationen oder irreführende Inhalte verbreitet wurden.

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